Grundsätzlich führt eine Realteilung zu einer steuerlichen Betriebsaufgabe. Die Realteiler können daher einen begünstigten Steuersatz für Aufgabegewinne nutzen: Entweder im Rahmen der sogenannten Fünftelregelung oder auf Antrag einmal im Leben in Form von 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes sowie, in Abhängigkeit von der Höhe des Aufgabegewinns, gegebenenfalls einen steuerlichen Freibetrag. Diese Steuerbegünstigungen setzen jedoch voraus, dass die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen der bisherigen Tätigkeit aufgegeben werden.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte kürzlich zu entscheiden, welche Voraussetzungen für eine steuerbegünstigte Betriebsaufgabe bei einer Realteilung einer Personengesellschaft vorliegen müssen. Im Urteilsfall aus Januar 2019 war der Kläger Gesellschafter einer Rechtanwaltssozietät, die Kanzleien in mehreren deutschen Städten führte. Die Sozietät löste sich Anfang Januar 2001 auf und die Partner gründeten gemeinsam an den einzelnen Standorten neue Gesellschaften. Der Kläger war im Rahmen der aufgelösten Sozietät am Standort B tätig und gründete dort Mitte März 2001 mit seinen Partnern eine neue GbR. Das Betriebsvermögen, das den jeweiligen Partnern infolge der Realteilung der Sozietät zustand, wurde auf die neu gegründete GbR übertragen. Anfang April 2001 schied der Kläger neben weiteren Partnern aus der GbR gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 500.000 DM aus. Der Kläger ging davon aus, dass der bei der Auflösung der Sozietät entstandene Aufgabegewinn der steuerlichen Tarifbegünstigung unterläge und hinsichtlich der Auflösung der nachfolgenden GbR vertrat er die Auffassung, dass er hieraus einen Veräußerungsverlust erzielt habe. Das Finanzamt erkannte jedoch bei Auflösung der Sozietät keinen begünstigten Veräußerungsgewinn an, sondern besteuerte den Vorgang ausschließlich als laufenden Gewinn.
Der BFH hielt die Frage der Zuordnung des Gewinns für unerheblich, sondern beschäftigte sich mit den Voraussetzungen der Tarifbegünstigung. Dabei kam der BFH zu dem Ergebnis, dass diese im Urteilsfall nicht zu gewähren war. Das zweistufige Verfahren, in dem der Kläger den ihm zugewiesenen Mandantenstamm durch die Realteilung der Sozietät auf die GbR übertrug und anschließend aus der GbR ausschied, kann nicht als ein einheitlicher Vorgang beurteilt werden. Somit erfüllte der Kläger mit der Auflösung der Sozietät noch nicht die Voraussetzungen der Aufgabe aller wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen seiner freiberuflichen Tätigkeit. Die Voraussetzung wäre erfüllt gewesen, wenn der Kläger die wesentlichen Betriebsgrundlagen, insbesondere den Mandantenstamm beziehungsweise Praxiswert entgeltlich auf einen anderen Rechtsträger übertragen und seine freiberufliche Tätigkeit im bisherigen örtlich begrenzten Wirkungskreis dauerhaft oder zumindest für eine gewisse Zeit eingestellt hätte.
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