Sonderzahlungen an Arbeitnehmer: Bundesarbeitsgericht ändert Rechtsprechung – Freiwilligkeit schriftlich erklären

Stand:
Thematik: Steuern und Rechnungswesen Recht

Erbringt ein Arbeitgeber über einen Zeitraum von drei Jahren vorbehaltlos jeweils zum Jahresende eine als „Sonderzahlung“ bezeichnete Leistung an seinen Arbeitnehmer, soll dieser nach einem aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) aus Mai 2015 auch dann einen Rechtsanspruch auf Zahlung im Folgejahr haben, wenn die Sonderzahlungen jährlich unterschiedlich hoch waren.

Sind Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld dem Grunde und der Höhe nach durch Betriebsvereinbarung, Arbeits- oder Tarifvertrag geregelt, so haben Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch darauf.

Häufig sind solche Zahlungen aber nicht vertraglich vereinbart, sondern werden freiwillig vom Arbeitgeber gezahlt. Der Arbeitgeber kann insoweit grundsätzlich von Jahr zu Jahr neu entscheiden, ob und in welcher Höhe er seinen Arbeitnehmern Sonderzahlungen gewährt. Allerdings können Arbeitnehmer dann schnell einen Rechtsanspruch auf Weiterzahlung für sich ableiten, wenn entweder bei Zahlung an alle Arbeitnehmer von einer betrieblichen Übung auszugehen ist oder eine stillschweigende Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vorliegt. Dies ist in der Regel der Fall, wenn die Sonderzahlung über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg vorbehaltlos vom Arbeitgeber erbracht wird.

Bislang vertrat das BAG die Auffassung, dass kein Anspruch auf Weiterzahlung bestehe, wenn der Arbeitgeber die Zuwendung dreimal in unterschiedlicher Höhe gezahlt hat. Der Arbeitnehmer müsse in einem solchen Fall davon ausgehen, dass der Arbeitgeber die Zuwendung nur für das jeweilige Jahr gewähren und jährlich neu über die Sonderzahlung nach Gutdünken entscheiden will. Diese Ansicht hat das BAG zugunsten der Arbeitnehmer aufgegeben. Auch Sonderzahlungen, die in der Höhe variieren, können, so das BAG, fortan eine betriebliche Übung beziehungsweise stillschweigende Vereinbarung und damit einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf Weiterzahlung begründen.

Um zu verhindern, dass Arbeitnehmern bei freiwillig gezahltem Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld oder anderen regelmäßigen Sonderzahlungen allein aufgrund dreimaliger Zahlung ein Rechtsanspruch auf Weiterzahlung erwächst, greifen Arbeitgeber oftmals auf den sogenannten Freiwilligkeitsvorbehalt zurück. Im Zusammenhang mit der Sonderzahlung wird den Arbeitnehmern schriftlich erklärt, dass die Zahlung trotz mehrmaliger Zahlung freiwillig bleibt. Nach der Rechtsprechung des BAG genügt allerdings allein der Begriff „freiwillig“ noch nicht, um hier einen Rechtsanspruch auf Fortzahlung auszuschließen. Er bringe, so das BAG, lediglich zum Ausdruck, dass der Arbeitgeber nicht zur Zahlung verpflichtet sei. Angesichts dieser Rechtsprechung sollten Arbeitnehmer mindestens darauf hingewiesen werden, dass für die Zukunft kein Rechtsanspruch begründet und jedes Jahr von neuem über Grund und Höhe der Sonderzahlung entschieden wird. Vor dem Hintergrund der aktuellen BAG-Rechtsprechung zeigt sich, dass sich Arbeitgeber angesichts der Komplexität der rechtlichen Regelungen bei Bedarf durch einen Rechtsanwalt arbeitsrechtlich beraten lassen sollten.

 

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