Eine neue gesetzliche Definition, die bereits zum Jahresbeginn 2020 in Kraft getreten ist, hat bei vielen Arbeitgebern für erhebliche Verunsicherung gesorgt. Es geht dabei um die Frage, unter welchen Voraussetzungen Gutscheine und andere Vorteile, die einem Arbeitnehmer zusätzlich zum Barlohn gewährt werden, als lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtlich begünstigte Sachleistungen oder als nicht begünstigte Geldleistungen zu behandeln sind. Klarheit soll ein aktuelles Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) aus April 2021 schaffen.
Zum Arbeitslohn gehören nicht nur Geldleistungen des Arbeitgebers, sondern auch alle Sachbezüge, die Arbeitnehmer darüber hinaus von ihren Arbeitgebern erhalten, also Einnahmen, die nicht in Geld bestehen. Die Unterscheidung ist bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte wichtig, weil bestimmte Sachbezüge lohnsteuer- und sozialabgabenfrei gewährt beziehungsweise in besonderen Fällen pauschal besteuert werden können. So räumt der Gesetzgeber Arbeitnehmern eine Freigrenze von derzeit 44 Euro im Monat ein, sofern der Sachbezug zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird. Ab 2022 soll diese Freigrenze auf 50 Euro angehoben werden. Außerdem haben Arbeitgeber die Möglichkeit, bestimmte Sachbezüge pauschal zu versteuern. Zum 1. Januar 2020 wurden die gesetzlichen Grundlagen in einigen Punkten geändert. Jetzt stellt das BMF mit seiner Verwaltungsanweisung klar, wie in der Praxis zwischen Geldleistung und Sachbezug abzugrenzen ist.
Geldleistungen
Nach der gesetzlichen Definition gehören zu den Einnahmen in Geld auch alle
- zweckgebundenen Geldleistungen,
- nachträglichen Kostenerstattungen,
- Geldsurrogate und
- anderen Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten.
Jede Geldleistung des Arbeitgebers ist vom ersten Euro an steuerpflichtig, auch wenn sie zweckgebunden ist oder wenn anstelle von Geld ein Hilfszahlungsmittel oder Geldersatzmittel verwendet wird.
Begünstigte Sachleistungen
Folgende Sachbezüge sind laut BMF-Schreiben steuerlich begünstigt:
- die Gewährung von Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherungsschutz bei Abschluss einer Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherung und Beitragszahlung durch den Arbeitgeber,
- die Gewährung von Unfallversicherungsschutz, soweit bei Abschluss einer freiwilligen Unfallversicherung durch den Arbeitgeber der Arbeitnehmer den Versicherungsanspruch unmittelbar gegenüber dem Versicherungsunternehmen geltend machen kann und die Beiträge nicht pauschal besteuert werden,
- die Gewährung von Papier-Essensgutscheinen, Restaurantschecks oder anderen Papier-Essensmarken und arbeitstäglichen Zuschüssen zu Mahlzeiten in Form digitaler Essensmarken.
Sonderfall Gutscheine und Geldkarten
Auch Gutscheine und Geldkarten können als Sachbezüge steuerlich begünstigt sein – allerdings nur dann, wenn
- sie zweckgebunden sind und
- ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen beim Arbeitgeber oder einem Dritten berechtigen und
- ab 2022 zusätzlich bestimmte Kriterien nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) erfüllen.
Achtung: Wenn der Arbeitnehmer zunächst in Vorleistung tritt und der Arbeitgeber ihm die Kosten im Nachhinein erstattet, handelt es sich stets um eine Geldleistung in Form einer nachträglichen Kostenerstattung. Vom Arbeitgeber getragene Gebühren für die Bereitstellung und Aufladung von Gutscheinen und Geldkarten führen nicht zu einem zusätzlichen geldwerten Vorteil, sondern sind Betriebsausgaben des Arbeitgebers, ohne gleichzeitig Arbeitslohn des Arbeitnehmers zu sein.
Bezug zum Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz und die Nichtbeanstandungsregel für 2020 und 2021
Dass Gutscheine und Geldkarten für eine Begünstigung als Sachleistung Kriterien des ZAGs erfüllen müssen, hatte unter Arbeitgebern für große Verunsicherung gesorgt. Zwischenzeitlich haben sich Bund und Länder darauf verständigt, Gutscheine und Geldkarten für die Jahre 2020 und 2021 auch dann als begünstigten Sachbezug anzuerkennen, wenn die Kriterien des ZAGs nicht erfüllt sind. Der Anwendungserlass schreibt diese Übergangsregelung nun fest. Unternehmen haben damit bis Ende 2021 Zeit, sich auf die Gesetzesverschärfung einzustellen. Gleichzeitig geht der Erlass ausführlich darauf ein, in welchen Fällen diese Voraussetzungen erfüllt sind. Demnach fallen nach den Kriterien des ZAGs solche Gutscheine oder Geldkarten unter die Sachzuwendungen, die unabhängig vom Betrag dazu berechtigen, ausschließlich Waren oder Dienstleistungen vom Aussteller des Gutscheins aus seiner eigenen Produktpalette oder ausschließlich Waren oder Dienstleistungen aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller und Akzeptanzstellen bei einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen im Inland zu beziehen. Als Beispiele werden genannt:
- wiederaufladbare Geschenkkarten für den Einzelhandel,
- shop-in-shop-Lösungen mit Hauskarte,
- Tankgutscheine eines einzelnen Tankstellenbetreibers zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in seiner Tankstelle oder von einer Tankstellenkette zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in den zugehörigen Tankstellen,
- ein vom Arbeitgeber selbst ausgestellter Gutschein, wenn die Akzeptanzstellen aufgrund des Akzeptanzvertrags unmittelbar mit dem Arbeitgeber abrechnen,
- Karten eines Online-Händlers, die nur zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen aus seiner eigenen Produktpalette (Verkauf und Versand durch den Online- Händler) berechtigen, nicht jedoch, wenn sie auch für Produkte von Fremdanbietern (wie etwa Amazon Marketplace) einlösbar sind,
- Centergutscheine oder Kundenkarten von Shopping- Centern, Malls und Outlet-Villages sowie
- „City-Cards“ und Stadtgutscheine.
Auch können Gutscheine oder Geldkarten steuerlich begünstigt sein, die dazu berechtigen, Waren oder Dienstleistungen ausschließlich aus einer sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungspalette zu beziehen. Dazu zählen Gutscheine oder Geldkarten, die begrenzt sind auf:
- den Personennah- und Fernverkehr einschließlich bestimmter Mobilitätsdienstleistungen wie die Nutzung von (Elektro-)Fahrrädern, Car-Sharing oder E-Scootern,
- Kraftstoff oder Ladestrom für das Auto,
- Fitnessleistungen,
- Streamingdienste für Film und Musik,
- Zeitungen und Zeitschriften, einschließlich Downloads,
- Bücher, auch als Hörbücher oder Dateien, einschließlich Downloads,
- Beautykarten und Waren, die der Erscheinung einer Person dienen wie Bekleidung inklusive Schuhe und Accessoires.
Und noch ein weiterer Fall wird im BMF-Schreiben genannt: Gutscheine oder Geldkarten können begünstigt sein, wenn sie dazu berechtigen, aufgrund entsprechender Akzeptanzverträge Waren oder Dienstleistungen ausschließlich für bestimmte soziale oder andere steuerlich begünstigte Zwecke im Inland zu beziehen. Darunter fallen:
- Verzehrkarten in einer sozialen Einrichtung, Essensgutscheine, Restaurantschecks und arbeitstägliche Zuschüsse zu Mahlzeiten in Form digitaler Essenmarken,
- Behandlungskarten für ärztliche Leistungen oder Reha-Maßnahmen und
- Karten für betriebliche Gesundheitsmaßnahmen.
Nicht um eine Zweckkarte handelt es sich bei Gutscheinen, deren Einsatzbereich nicht hinreichend bestimmt eingegrenzt sind.
Kein Warenbezug, keine steuerliche Begünstigung
Stets als Geldleistung zu behandeln sind Gutscheine und Geldkarten, die
- über eine Barauszahlungsfunktion verfügen,
- über eine eigene IBAN verfügen oder
- für Überweisungen, zum Beispiel Paypal, oder für den Erwerb von Devisen verwendet oder als generelles Zahlungsinstrument hinterlegt werden können.
Ab dem 1. Januar 2022 stellen Geldkarten in Form von Prepaid-Kreditkarten eine Geldleistung dar, wenn sie mit überregionaler Akzeptanz ohne Einschränkungen hinsichtlich der Produktpalette im Rahmen unabhängiger Systeme des unbaren Zahlungsverkehrs eingesetzt werden können. Allein die Begrenzung der Anwendbarkeit auf das Inland ist für die Annahme eines Sachbezugs nicht ausreichend.
Zuflusszeitpunkt
Der Zufluss beim Arbeitnehmer erfolgt bei Gutscheinen, die bei Dritten einzulösen sind, im Zeitpunkt der Hingabe beziehungsweise bei Geldkarten im Zeitpunkt der Aufladung. Bei einem beim Arbeitgeber einzulösenden Gutschein liegt ein Zufluss erst im Zeitpunkt der Einlösung vor.
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